Äsche (Thymallus thymallus)

Gefährdung der Fischart Äsche

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Gefährdung

Der Höhepunkt der Gewässerverschmutzung bis in die 80er Jahre hinein stellte auch einen Tiefpunkt für die deutschlandweiten Äschenbestände dar. Vielerorts waren einst stabile und reiche Äschenpopulationen aus den ehemaligen Wohngewässern völlig verschwunden oder bildeten nur noch kleine Restbestände. Mit den erfolgreichen Bemühungen um die Wasserqualität unserer Bäche und Flüsse hat sich dieses Bild glücklicherweise geändert.

Flussstrukturen © anglermap.de – gut strukturierter Mittelgebirgsfluss – verschiedenste Mikro-Habitate auf kleinem Raum

Dort, wo es hauptsächlich an der mangelnden Wasserqualität lag, wo eine ausreichende Sauerstoffsättigung selbst in vielen Fließgewässern nicht mehr gewährleistet war, kehrte die Äsche mit der verringerten Wasserverschmutzung zurück oder konnte erfolgreich wieder angesiedelt werden. Dies führte bis vor wenigen Jahren zu regional wieder auflebenden und durchaus starken Beständen in einigen Flüssen und Flussystemen.

In vielen Flüssen war es jedoch nicht allein die mangelnde Wasserqualität, die den Rückgang der Äschenbestände verursachte. Die maßlose und hinsichtlich ihrer eigentlichen Zielsetzung völlig übertriebende Regulierung gerade auch der kleineren und mittleren Flüsse führte zu völlig veränderten Abflussverhältnissen und hinterließ ehemals strukturreiche Fließgewässer als monotone, strukturlose und kanalartige Abflussgerinne, in denen nur noch die eher anspruchslosen Arten ausreichende Lebensbedingungen fanden.

Rauhgerinne © anglermap – Rauhgerinne, auch für die Äsche passierbar

Viele ausgesprochene Fließwasserarten, insbesondere aber die Äsche benötigen für ihre Entwicklung jedoch Fließgewässer, in denen sich unterschiedlich ausgestaltete Kleinstlebensräume (Mikro-Habitate) befinden, die ihren Ansprüchen in den verschiedenen Lebensphasen gerecht werden. Hierzu gehören unter anderem ausgedehnte schnellfließende Flussabschnitte mit ganzjährig ausreichender Tiefe und kiesigem bis steinigem Gewässergrund für die Nahrungsaufnahme der erwachsenen Tiere. Für den Winter sind strömungsberuhigte und tiefe Bereiche von Gumpen, Kolken oder sonstige strömungsberuhigte Stellen erforderlich, in der die Äsche die kalte Jahreszeit verbringen kann. Für die Fortpflanzung und die heranwachsenden Jungfische müssen völlig andere Gewässerstrukturen vorhanden sein. Hier werden flache überströmte Kiesbänke, flach verlaufende Uferzonen und deckungsreiche und strömungsberuhigte Flachwasserbereiche benötigt, um eine erfolgreiche Reproduktion zu gewährleisten. Gerade diese flach verlaufenden Uferzonen mit kiesigem oder sandigem Untergrund werden durch die mechanischen Eingriffe in die Fließgewässermorphologie nur zu häufig vollständig zerstört. Dort, wo Flüsse auf langen Strecken beidseitig durch Steinpackungen und andere Befestigungen in ihr neues Bett gezwungen wurden, sind diese Gewässerstrukturen meist nicht mehr vorhanden und können sich auch nicht neu bilden, da die Eigendynamik der Fließgewässer nahezu völlig unterbunden ist.

Durch die künstliche Anlage von Strömungsschwellen, Buhnen oder das Einbringen von Totholz wurde und wird versucht, zumindest etwas von der Eigendynamik eines Flusses wieder zuzulassen bzw. diese sogar zu provozieren. Diese Versuche sind sicher sehr hilfreich, ändern aber nur wenig an der Tatsache, dass unsere regulierten Fließgewässer auf großen Strecken eher degradierten Kanälen ähneln als einem intakten Fluss. Damit finden sich ausreichende Rahmenbedingungen meist nur in kleineren, fast punktförmigen Arealen eines Flusssystems. Hinzu kommt noch, dass in vielen Fließgewässern Querbauwerke ohne geeignete Fischpässe eingebaut wurden, die es der Äsche oft unmöglich macht, die wenigen vorhandenen Laichareale und Überwinterungsplätze überhaupt zu erreichen.

Die Gründe für die ungünstigen Bedingungen in unseren Flüssen sind schon lange bekannt. Einige unüberwindliche Wanderhindernisse sind mittlerweile beseitigt. Man beginnt vielerorts damit, Randbefestigungen wieder zurück zu bauen und vorhandene Steilufer wieder abzuflachen. Die strukturelle Gewässergüte unserer Fließgewässer ist jedoch weiterhin nicht zufriedenstellend und entsprechend lückenhaft zeigen sich auch die Äschenbestände in Deutschland.

Totholz © anglermap.de – Ausbildung einer Kiesbank hinter dem eingebrachten Totholz

Dort, wo die Gewässerstruktur trotz vorhandenem Ausbau noch akzeptable Bedingungen bietet, haben sich die Äschenbestände bis vor einigen Jahren sehr positiv entwickelt. In einigen Flüssen zum Beispiel des Rheinsystems oder auch in der sogenannten Eifelrur zeigten sich wieder Äschenbestände, die sich ohne jegliche Besatzmaßnahmen zu stabilen und starken Populationen entwickelten und teilweise sogar an historische Vorkommen heranreichten. Diese über viele Jahre stabilen und gesunden Bestände sind in der jüngsten Vergangenheit jedoch wieder stark zurückgegangen oder regional sogar wieder völlig verschwunden. Diese starken Bestandseinbußen sind in den letzten Jahren leider in vielen Flüssen Deutschlands zu beobachten und könnten im schlimmsten Fall in einigen Flusssystemen zum völligen Erlöschen der lokalen Äschenpopulationen führen.

Dieser im letzten Jahrzehnt erfolgten negativen Bestandsentwicklung folgte konsequenterweise auch die Einstufung der Äsche in eine höhere Gefährdungsklasse (siehe auch Rote Liste der Fischarten). In der aktuellen Roten Liste von 2009 wird das Vorkommen der Äsche in Deutschland als selten eingestuft und die Gefährdungsklasse von Kategorie 3 (gefährdet) auf Kategorie 2 (stark gefährdet) heraufgestuft. Auch wenn die bloße Verschärfung des Rote-Liste-Status der Art natürlich nicht hilft, zeigt sich doch zumindest, dass hinsichtlich der negativen Bestandsentwicklung dieser charakteristischen Fischart kein Zweifel besteht. Auch rückt ihre bedrohte Situation mehr ins Licht der öffentlichen Wahrnehmung, was für eine unterhalb der Wasseroberfläche lebende Tierart schon einen bedeutenden Fortschritt darstellt.

Kormoran © Elisabeth Przibilla – Kormoran an der Ahr

Auch wenn selbstverständlich den Faktoren Wasserqualität und strukturelle Wassergüte weiterhin eine große Bedeutung zukommt, kann dies als Hauptursache für die in den letzten Jahren erfolgten Bestandseinbrüche nicht herangezogen werden. Vielmehr findet sich in der weiterhin ungebremsten Verbreitung des Kormorans eine Bedrohung, die all die erreichten Bestandsverbesserungen gerade bei vielen ehemals gefährdeten Fischarten wieder zunichte machen könnte. Dabei scheint die Äsche hiervon besonders betroffen zu sein.

Auch wenn man dem Kormoran nicht unterstellen kann, dass er selektiv nur bestimmte und vielleicht sogar besonders leckere oder gefährdete Fische frisst, übt er an vielen Flüssen einen gewaltigen und gerade für uns Angler spürbaren Einfluss auf die vorhandenen Fischbestände aus. Wenn er in einem Fluss Jahr für Jahr zum Beispiel 50 Prozent des Fischbestandes entnimmt, so frisst er eben auch 50 Prozent der Äschen. Und diese angenommenen 50 Prozent werden in vielen Flüssen noch deutlich überschritten. Nun könnte man sich ja beruhigt zurücklehnen, auf die weiterhin erfolgreich stattfindende Vermehrung der Äsche bauen und als Angler zugunsten des hungrigen Kormorans einfach auf eine eigene Nutzung verzichten. Aber auch das wird nicht helfen und liegt nach vorliegenden Erkenntnissen an den besonderen Lebensbedingungen und dem speziellen Verhalten dieser Art. Die Äsche sucht im Falle einer Bedrohung keine Unterstände, vorhandene Flachzonen oder sonstige Deckung auf, sondern flüchtet ins tiefere Wasser ihres Lebensraums. Das macht es dem geschickten Fischjäger Kormoran besonders leicht, da hier sein bevorzugtes Jagdrevier liegt, während er das Flachwasser oder unter Wasser befindliche Strukturen eher meidet. Hinzu kommt, dass die Äsche eine Flussregion bevölkert, die auch im Winter kaum zufriert und dem Kormoran daher ganzjährig als Jagdrevier zur Verfügung steht. Während viele Seen im Winter zufrieren und ihre beschuppten Bewohner zumindest mal ein paar Wochen Ruhe finden, fällt der Kormoran verstärkt in die eisfreien Fließgewässer ein. Über die Folgen braucht man kaum länger spekulieren, wenn man dies an den eigenen Angelgewässern selbst erlebt. Innerhalb nur weniger Jahre werden dabei gesunde, reproduktive und nicht durch Besatz gestützte Äschenvorkommen weitgehend oder auch vollständig vernichtet. Dabei sind es nicht nur Tausende einzelner Äschen, die gefressen werden. Es wird mit dem Auslöschen des Äschenbestandes zugleich auch die genetisch an dieses Gewässer angepasste Äschenpopulation zerstört, die zu einem späteren Zeitpunkt nicht einfach durch Besatz mit Tieren aus anderen Gewässern wieder aufgebaut werden kann. Es liegen zahlreiche Hinweise darauf vor, dass die Äsche als besonders sensible Art auch im Hinblick auf die erfolgte Anpassung an ein Gewässer nicht einfach durch einen anderen Äschenstamm ersetzt werden kann.