Aal (Anguilla anguilla)

Fortpflanzung der Fischart Aal

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Fortpflanzung

Während Lachs, Meerforelle und Maifisch als anadrome Fischarten in unsere Flüsse aufsteigen, um zu laichen, zählt der Aal zu den sogenannten katadromen Wanderfischen. Im Süßwasser unserer Flüsse, Kanäle und angeschlossenen Seen verbringt er nur einen Teil seines Lebens. Mit Einsetzen der Laichreife verlässt er die Binnengewässer flussabwärts und beginnt seine Wanderung, die ihn über tausende von Kilometern an den Ort seiner Geburt zurückführt. Dort laicht er ab, um anschließend zu sterben. Die Larven der neuen Aalgeneration wandern anschließend zurück an die Küsten Europas und Nordafrikas, wo ein Teil dieser neuen Aalgeneration wieder unsere Flüsse hinaufsteigt. Damit beginnt ein neuer Zyklus im Leben der Europäischen Aale. Viele Einzelheiten aus diesem ganz besonderen Lebenszyklus der Aale sind jedoch noch weitgehend unbekannt und stehen daher im Fokus zahlreicher Untersuchungen und wissenschaftlicher Expeditionen.

Aal Lebenslauf Lebenszyklus der Aale
© By Eel-life-circle1.svg: Salvor Gissurardottir
derivative work: Carl Steinbeißer

In Abhängigkeit des Geschlechts, des Nahrungsangebotes, der geografischen Lage des Lebensraum und einiger weiterer Faktoren benötigen Aale etwa 6 bis 12 Jahre bis zur beginnenden Laichreife. In dieser Zeit bilden sie als sogenannte Gelbaale die nötigen Fettreserven für ihre lange und anstrengende Laichwanderung. Männliche Aale erreichen diesen Zeitpunkt häufig etwas früher, der Zeitraum bis zur Laichreife kann sich aber bei beiden Geschlechtern über einen deutlich längeren Zeitraum hinziehen.

Mit einsetzender Laichreife beginnen die Aale mit ihrer langen und gefährlichen Reise zu ihrem Laichrevier im westlichen Teil des Nordatlantiks. Dabei vollzieht sich die Abwanderung der auch äußerlich veränderten sogenannten Blankaale in unseren Regionen hauptsächlich im Zeitraum zwischen September und November, kann aber im Falle besonders warmer Spätsommer auch bis in den Dezember hinein andauern. Während die Blankaale kleinere Nebenflüsse meist noch aktiv durchschwimmen, lassen sie sich in den größeren zum Meer führenden Strömen meist mit der Hauptströmung abtreiben. Sobald sie die Flussmündungen erreicht haben, tauchen sie in die Tiefen des Meeres ab und wandern in tagesperiodisch wechselnden Tiefen von etwa 200-600 Metern Richtung Sargassosee. Die eigentliche Laichzeit liegt im Zeitraum März bis Juni, manchmal auch bis in den Juli hinein. Nach erfolgtem Ablaichen sterben die Elterntiere ohne Ausnahme. In dem mehr als 5 Millionen Quadratkilometer großen Meeresgebiet der Saragossa-See endet und beginnt somit der Lebenszyklus eines jeden Europäischen Aals.

Blankaal © Bernd Stemmer – Blankaal

Gerade dieser letzte bzw. erste Lebensabschnitt der Aale ist es, über den wir noch relativ wenig wissen. Selbst die genaue Örtlichkeit der Fortpflanzung in dieser besonderen Meeresregion kennen wir nicht exakt. Auch die Wassertiefe, in der Aale laichen, ist noch weitgehend unerforscht. Noch ist es niemandem gelungen, laichende Aale zu beobachten oder Eier des Aals in dieser Region zu finden. Wir können lediglich den wiederholten Fang besonders kleiner Aallarven als Indiz für ihren wahrscheinlichen Geburtsort heranziehen und selbst diese noch eher ungenaue Beschreibung des möglichen Laichgebietes ist erst Anfang des 20. Jahrhunderts gelungen. Bis dahin wurden über die Herkunft der Aale zahlreiche zum Teil abenteuerliche Spekulationen angestellt. Dies reicht von der Vermutung, Aale würden aus Schlamm oder Staub entstehen, von einem anderen bekannten Meeresfisch geboren werden bis hin zu der Überzeugung, Aale würden sich zur Fortpflanzung mit Schlangen paaren.

Blankaal © H.-J. Jochims – Blankaal, Auge stark vergrößert

Mitte des 19. Jahrhunderts gelang in der Straße von Messina, also weit entfernt von den heute vermuteten Laichgebieten des Aals, der Fang einer bis dahin unbekannten Fischart, der man wegen ihres Aussehens den Namen Leptocephalus brevirostris gab. Diese kleine durchsichtige Fischlarve hatte einen besonders kleinen und schmalen Kopf, besaß eine hochrückige und seitlich stark zusammengedrückte Körperform und erinnerte in ihrem äußeren Erscheinungsbild an ein Weidenblatt. Lange Zeit hielt man diese weidenblattförmigen Larven für eine eigene Fischart. Erst Ende des 19. Jahrhunderts, also etwa 40 Jahre später gelang der Nachweis, dass es sich hierbei um die Larven unseres heimischen Aals handelte. Aufgrund dieser Kenntnis und unter Berücksichtigung des Fangortes der Aallarven vermutete man das Laichgebiet der Aale irgendwo im Mittelmeer. Anfang des 20. Jahrhunderts und damit etwa 10 Jahre später gelang dem dänischen Zoologen Johannes Schmidt weit entfernt vom Mittelmeer der Fang von etwa 2 cm und damit wesentlich kleineren Aallarven im Atlantik nördlich der Bermudas. Auf diesen und zahlreichen weiteren Erkenntnissen fußt das heutige Wissen um das ungefähre Laichgebiet des Europäischen Aals.

Blankaael © H.-J. Jochims – Blankaale in der Fangreuse

Das Ablaichen der Aale erfolgt wahrscheinlich in den oberen Schichten des hier mehrere tausend Meter tiefen Meeres. Genaue Informationen über die bevorzugte Wassertiefe gibt es zwar leider nicht, es wird jedoch vermutet, dass der Laichvorgang in Tiefen von maximal um die 1.000 Metern erfolgt. Die Anzahl der mit einem Durchmesser von nur 0,1 bis 0,2 mm sehr kleinen Eier liegt beim Aal recht hoch und kann durchaus bei 2 bis 3 Millionen pro Weibchen liegen. Die rundlichen Eier zeigen als Besonderheit zahlreiche Einschlüsse kleiner Öltropfen. Die Eier des Aals sind dadurch in der Lage, im Wasserkörper zu schweben und sinken nicht zu Boden. Da die Wassertemperatur zur Laichzeit der Aale in der Saragossa-See recht hoch ist, benötigen die kleinen gelblichen Eier nur wenige Tage bis zum Schlüpfen der nur wenige Millimeter großen Aallarven. Weitere Einzelheiten der Ei- und frühen Larvenentwicklung in freier Natur sind noch weitgehend unbekannt. So kennen wir weder die Wassertiefe, in der sich die Eier entwickeln, noch wissen wir etwas über die Ernährung der ersten Larvenstadien.

Die nach dem Schlüpfen zunächst weidenblattförmigen Aallarven benötigen etwa 2 bis 3 Jahre und sind etwa 7 cm lang, wenn sie die Küsten Europas und Nordafrikas erreichen. Für ihre Wanderung nutzen sie die vorhandenen Meeresströmungen, von denen insbesondere der Golfstrom eine große Rolle spielt. Die Ankunft der kleinen Aale an unseren Küsten erfolgt dabei ungefähr im Zeitraum von Februar (Nordsee) bis Mai (Ostsee). Die Küstengebiete von Frankreich und England erreichen sie etwa im Herbst des Vorjahres, also um einige Monate früher. Mit Erreichen der Küstenregionen beginnt die Umwandlung der noch hochrückigen Larven. Erst jetzt ähneln sie in ihrer Gestalt einem Aal, sind aber zunächst weiterhin noch durchsichtig. In diesem als Glasaal bezeichneten Entwicklungsstadium erreichen die kleinen Aale die Mündungsgebiete unserer Flüsse an Nord- und Ostsee.

Glasaale © Bernd Stemmer – Glasaale

Wenn die Glasaale unsere Küsten erreichen, ist ihr Geschlecht nach aktuellem Kenntnisstand noch nicht festgelegt. Die Entwicklung zu einem männlichen oder weiblichen Tier scheint von einigen externen Faktoren abzuhängen, von denen Bestandsdichte, Temperatur und Nahrungsangebot am häufigsten genannt werden. So scheinen sich unter Bedingungen einer hohen Bestands- bzw. Besatzdichte ein höherer Anteil an männlichen Aalen zu entwickeln, während bei hohen Wassertemperaturen bzw. einem hohen Nahrungsangebot ein höherer Bestand an weiblichen Aalen zu beobachten ist. Die Festlegung des endgültigen Geschlechts erfolgt dabei offensichtlich erst mit beginnender Gelbaal-Phase bei einer Größe ab etwa 25 cm.

Lebensraum © anglermap.de – gut strukturierte und pflanzenreiche Fließgewässer bieten dem Aal gute Lebensbedingungen

Die Lebensphase als Gelbaal verbringt nur ein kleinerer Teil der jungen Aale in der Küstenregion. Der größere Anteil wandert unsere Flüsse hinauf, um geeignete Lebensräume zu finden. Dabei dringen die Aale bis in die oberen Regionen unserer Fließgewässer vor. Warum diese flussaufwärts gerichtete Wanderung teilweise bis in die Äschenregion eines Flusses reicht, mitunter aber auch bereits im Unterlauf des Flusses endet, ist noch nicht genau erforscht. Bestimmende Faktoren sind aber unter anderen die auftretende Dichte des Aalbestandes und damit die zur Verfügung stehenden Nahrungsressourcen. Je dichter der Bestand aufsteigender oder besetzter Aale in der jeweiligen Flussregion ist, desto tiefer dringen Aale auf der Suche nach geeigneten Revieren in die Flüsse vor.

Gelbaal © Christoph Lomberg – adulter Gelbaal

Ein ausreichendes Nahrungsangebot ist für die Gelbaale lebensnotwendig, da sie die nötigen Fettreserven für ihre lange Laichwanderung bilden müssen. Das Fleisch der abwandernden Aale besteht zu einem Anteil von etwa 25-30% aus Fett. Diese Fettreserven allein sind es, die eine ausreichende Energieversorgung auf der langen Laichwanderung gewährleisten, da sich das Verdauungssystem der abwandernden Blankaale zugunsten der Geschlechtsorgane auf der Wanderung zu den Laichplätzen komplett zurückbildet.

Welchen Weg die Blankaale auf ihrer Reise in den Nordatlantik nehmen ist noch weitgehend unbekannt, da bisherige Versuche, mit Sendern versehenen Aalen zu folgen, nicht besonders erfolgreich waren. Bekannt dagegen ist die Tatsache, dass beim Europäischen Aal nur ein gemeinsamer Bestand existiert. Unabhängig davon, ob sich ein Aal weit aus dem Norden Europas oder aus dem südlichen Mittelmeer auf die Reise in den Nordatlantik macht, theoretisch könnten sie sich zum Laichen im Saragossa-Gebiet treffen, um gemeinsame Nachkommen zu produzieren. Aale bilden damit als sogenannte panmiktische Art eine nicht in reproduktiv isolierte Bestände unterteilte gemeinsame Fortpflanzungsgemeinschaft, in der sich zumindest theoretisch jedes Mitglied der Population mit jedem Mitglied des anderen Geschlechts paaren kann und dies mit der gleichen Wahrscheinlichkeit. Dies unterscheidet den Europäischen Aal von allen anderen unserer heimischen Süßwasserfische, bei denen es nahezu ausgeschlossen ist, dass sich z.B. eine Barbe aus dem Elbesystem mit einer Rheinbarbe zum gemeinsamen Laichgeschäft begegnet.