Brassen (Abramis brama)

Lebensweise der Fischart Brassen

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Lebensweise

Der Brassen, Brachsen oder Blei ist eine gesellig lebende Fischart unserer stehenden und fließenden Gewässer. Als überaus tolerante und relativ anspruchslose Fischart ist sie in Deutschland weit verbreitet und bildet oftmals starke Bestände. Sie fehlt meist nur in schnell fließenden oder sommerkalten Fließgewässern sowie in nahrungsarmen (oligotrophen) stehenden Gewässern.

Brassen © Bernd Stemmer – adulter Brassen

Als Leitfisch der so genannten Brassenregion bevorzugt sie in unseren Flüssen die eher langsam fließenden Bereiche der Flussunterläufe. Unter den dortigen Bedingungen mit weichem oder schlammigem Grund fühlt sich die Art besonders wohl. Man findet die Art jedoch auch in strömungsberuhigten Abschnitten eher schnell fließender Flüsse, die aufgrund der fast durchgehenden Begradigung eher der Barbenregion zuzuordnen wären und besonders dann, wenn diese Flussbereiche noch über geeignete Nebengewässer wie Altarme oder angeschlossene Abgrabungsgewässer verfügen.

Fluss © anglermap.de – auch stark regulierte Flüsse wie hier der Main sind oft gute Brassenreviere

In stehenden Gewässern sind Brassen nahezu flächendeckend vertreten, sofern die Gewässer eine zumindest im Sommer ausreichend hohe Wassertemperatur aufweisen und nicht allzu nahrungsarm sind. Standgewässer mit weichem oder schlammigem Untergrund sowie einer ausgedehnten submersen Vegetation scheinen dabei ideale Voraussetzungen zu bieten. Dabei findet man den Brassen in flachen Weihern und Teichen fast ebenso häufig wie in tieferen Baggerseen und anderen Abgrabungsgewässern. Insbesondere die größeren Stauseen und Talsperren haben oft sehr starke Brassenbestände mit besonders großen Exemplaren.

Kanal © anglermap – strukturloser Kanalabschnitt

Aufgrund ihrer hohen Anpassungsfähigkeit kommen Brassen auch mit den eher kargen strukturellen Bedingungen unserer künstlichen Wasserstraßen sehr gut zurecht. Entsprechend finden sich in den zahlreichen schiffbaren Kanälen einschl. ihrer angeschlossenen Hafenanlagen oft sehr hohe Bestände der Art, obwohl diese Gewässer abgesehen von den uniformen Randbefestigungen kaum Strukturen aufweisen.

Auch im Brackwasser der Ostsee sind Brassen regelmäßig zu finden. Hier verbringen sie den Großteil des Jahres bei der Nahrungssuche. Zum Laichen kehren sie dann regelmäßig in geeignete Süßwasserareale zurück. Die Boddengewässer der Ostsee im Nordosten Deutschlands gelten als besonders gute Brassenreviere.

Brassen haben in der Vergangenheit stark von der Belastung insbesondere unserer größeren Flüsse profitiert. Da sie sowohl hinsichtlich der chemischen und biologischen Gewässergüte ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit zeigen als auch in sehr strukturarmen Gewässern ohne größere Pflanzenbestände oder flach verlaufende Uferzonen ausreichende Bedingungen finden, bilden sie unter diesen Bedingungen zusammen mit wenigen anderen anspruchslosen Arten wie dem Rotauge oder dem Flussbarsch häufig den Großteil der Fischbiomasse. Mit Verbesserung vor allem der Wasserqualität vieler unserer Flüsse und der damit verbundenen Veränderung der Nahrungsressourcen haben sich diese Verhältnisse in zahlreichen Regionen gravierend geändert. Brassen sind dort zwar weiterhin regelmäßig vertreten, ihre Dominanz hat sich jedoch vielerorts zugunsten andere Flussfischarten wie z.B. Barben oder Nasen verschoben.

Buhnenfeld © anglermap – Buhnenfelder sind gute Brassenreviere

Besonders in der warmen Jahreszeit werden nahezu alle Bereiche der fließenden und stehenden Gewässer als Lebensraum genutzt. Dabei treten die Brassen fast immer gesellig auf und bilden selbst als große adulte Exemplare regelmäßig noch größere Schwärme. 50- 100 große Brassen auf relativ engem Raum stellen dabei keine Besonderheit dar und eröffnen die Möglichkeit zu regelrechten Massenfängen. Während kleinere Exemplare oft ständig in Ufernähe anzutreffen sind und dort besonders gerne auch mit Pflanzen besetzte Bereiche aufsuchen, werden größere Brassen insbesondere in ausgedehnten Stillgewässern erst in den Abend- und Nachtstunden in den ufernahen Bereichen aktiv. Große Brassen erscheinen oft fast ebenso scheu wie große Karpfen und sind tagsüber kaum in Ufernähe anzutreffen. Tagsüber findet man die Schwärme mit Großbrassen meist in tieferen Gewässerregionen, in denen sie umherziehen, um nach Nahrung suchen.

Kanal © anglermap.de – unsere großen Kanäle wie z.B. der Mittellandkanal sind oft gute Brassenreviere

Brassen sind ausgesprochen bodenorientierte Fische. Im Sommer bei hohen Außentemperaturen und Windstille sind sie zwar gelegentlich an der Wasseroberfläche oder auch ufernah in ruhigen Uferbereichen oder im Schatten größerer überhängender Bäume mit bloßem Auge zu entdecken, besonders aktiv sind die Brassen in diesen Phasen jedoch meist nicht. Normalerweise zählen Brassen jedoch nicht zu den Fischarten, die leicht zu beobachten sind, da sie sich den Großteil ihres Lebens in Bodennähe aufhalten, um dort nach Nahrung zu suchen.

Mit ihrem leicht unterständigen und vorstülpbaren Maul suchen sie bevorzugt weichgründige oder schlammige Bereiche des Gewässerbodens nach Nahrung ab, in dem sie das Bodensubstrat einsaugen und die Nahrungsbestandteile ausfiltern. Dabei hinterlassen sie regelmäßig deutliche Fraßspuren z.B. in Form von Fraßtrichtern, die ihre Fraßaktivitäten verraten. Auf diese Weise nehmen die Brassen insbesondere die Kleintierfauna des Gewässerbodens auf, die hauptsächlich aus Schlammröhrenwürmern (Tubifex), Krebsen, Mückenlarven, Schnecken und Muscheln besteht. Auch kleine Fische werden manchmal gefressen. Bei saisonal starkem Planktonaufkommen wird auch diese Nahrungsquelle gerne genutzt. Pflanzen dagegen gehören eher nicht zum Nahrungsspektrum und werden in Zeiten mangelnder geeigneter Nahrung ebenso wie vorhandenes Plankton als "Notnahrung" aufgenommen.

Brassen zählen im Vergleich mit den anderen Weißfischarten zu den eher großwüchsigen Arten und können unter günstigen Bedingungen eine Größe deutlich über 70 cm bei einem Gewicht von 6,5 kg erreichen. Ihre mittlere Größe beträgt etwa 25-40 cm, die sie je nach Bedingungen nach etwa 6-10 Jahren erreichen. Brassen werden im Allgemeinen ca. 18-20 Jahre alt, das Höchstalter wird mit 23 Jahre angegeben.

Wachstum Brassen © anglermap – Wachstumskurve Brassen

Die erreichte Größe ist von Gewässer zu Gewässer jedoch sehr unterschiedlich. Man findet häufig Brassenbestände mit hohen Stückzahlen, bei denen das einzelne Exemplar jedoch kaum mehr als 25 cm misst. Diese Wachstumsgrenze kann durchaus auch darunter liegen oder sich bei 30-40 cm einpendeln. Grund ist in den meisten Fällen ein für den vorherrschenden Bestand zu geringes bzw. zu wenig geeignetes Nahrungsangebot. Oft kommt eine starke Nahrungskonkurrenz durch andere Friedfischarten (z.B. durch unangepasste Besatzmaßnahmen) oder ein zu geringer Raubfischbestand hinzu. Eine Ausdünnung des Brassenbestandes (z.B. ggf. durch Netzbefischung oder durch gezielte Hegefischen) in Verbindung mit verstärktem Raubfischbesatz (insb. Hecht) kann hierbei zum Erfolg führen. Der mitunter stattfindende Besatz mit vermeintlich "genetisch besserem" Besatzmaterial (in Form von großen Brassen) ist in diesen Fällen sicher kontraproduktiv und wird die Situation eher verschlechtern. Das Wachstumspotential dieser scheinbar "genetisch unterbelichteten" Brassen lässt sich sehr schnell erkennen, wenn Teile dieser kleinwüchsigen Populationen in ein geeignetes Gewässer (z.B. als Erstbesatz) umgesetzt werden und "plötzlich" zu kapitalen Exemplaren heranwachsen.